Aktuelles zu Verpackung und Nachhaltigkeit

Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten bei Lebensmittelverpackungen

Mit dem Verordnungsentwurf zu Kunststoffrecyclingmateralien im Kontakt mit Lebensmitteln (Ablösung der bisherigen Verordnung Nr. 282/2008) ordnet die EU-Kommission dem Rezyklateinsatz eine hohe Bedeutung zu. Die Beschleunigung und die Erweiterung des Rezyklateinsatzes in Verpackungen mit Lebensmittelkontakt ist ein richtiges und dringend notwendiges Unterfangen und leistet einen Beitrag zur Umsetzung des Green Deals.

Die Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt (AGVU), die die Wertschöpfungskette der Verpackung vom Rohstoff und der Verpackungsherstellung, über die Konsumgüter und den Einzelhandel bis hin zum Recycling vertritt, begrüßt die Novelle des europäischen Rechtsrahmens für den Rezyklateinsatz bei Lebensmittelkontakt. Die im Verordnungsentwurf vorgesehenen modularen Grundsätze auf Basis einer einheitlichen Technologie-Risikobewertung werden beschleunigend wirken, da parallele Prüfungen auf verschiedenen Ebenen möglich werden. Gleichzeitig ist jedoch auch auf die Förderung des Rezylateinsatzes im Umfang zu achten und sind Einsatzhemmnisse zu minimieren.

Vor diesem Hintergrund weist die AGVU auf notwendige Klarstellungen und Anpassungen in folgenden Punkten hin:

  • Der Verordnungsentwurf unterscheidet sich erheblich von der abzulösenden Verordnung 282/2008 und wird beachtliche Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und den Preis von Kunststoffrezyklaten haben. Der Aufwand von Unternehmen, die Rezyklate herstellen oder solche einsetzen, wird sich deutlich erhöhen. Eine vollständige Folgenabschätzung zum Verordnungsentwurf ist daher geboten. Der bisherige, kurze Stellungnahmezeitraum, zudem über die Weihnachtsfeiertage gelegen, ist den notwendigen Maßstäben von Transparenz und Stakeholder-Dialog in der Gesetzgebung nicht gerecht geworden. 

  • Kunststoff-Rezyklate werden im Verordnungsentwurfs als potenziell gesundheitsgefährdende Materialien eingeordnet. Dies ist insbesondere bei recyceltem PET (rPET), das aus dem heutigen Getränkepfandsystem entstammt und seit vielen Jahren nachweislich ohne Gesundheitsgefährdung in Getränkeflaschen eingesetzt wird, nicht nachvollziehbar. Um die erfolgreiche Praxis bei rPET nicht zu gefährden und Rückschritte im Einsatzfeld Getränkeflaschen zu vermeiden, sollte von einer generellen Einordnung von Rezyklaten als potenziell gesundheitsgefährdend Abstand genommen werden.   

  • Der Verordnungsentwurf muss mit den abfallrechtlichen Vorgaben der EU, insbesondere der Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG) und der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle (94/62/EG), konform sein. Die dort verankerten Ziele zur Steigerung des Rezyklateinsatzes sollten im Verordnungsentwurf aufgegriffen und – wo es möglich ist – durch pragmatische Lösungen beim Rezyklateinsatz mit Lebensmittelkontakt unterstützt werden. Die verwendete Terminologie sollte sich zudem an den höherrangigen Abfallregeln orientieren.

  • Die Anforderungen zur Zulassung neuer Recyclingtechnologien müssen eindeutiger und zugleich pragmatischer geregelt werden. So sind etwa die Prüfungsebenen Recyclingtechnologie, Recyclingverfahren und Recyclinganlage deutlicher voneinander abzugrenzen. Es ist klarzustellen, dass nicht jede neue Recyclinganlage einer gesonderten Technologie-Zulassung bedarf, wenn das genutzten Verfahren bereits auf der Prüfungsebene Recyclingverfahren durch die EU-Kommission genehmigt wurde. 

  • Kunststoffrezyklate werden in Lebensmittelverpackungen häufig hinter funktionellen Barrieren eingesetzt, die einen gefährdungsfreien Einsatz gewährleisten. Diese Materialien – ohne direkten Lebensmittelkontakt – müssen von der Pflicht zum Durchlaufen eines eigenen Zulassungsprozesses als novel technology ausgenommen werden. Der Einsatz von Rezyklaten hinter funktionellen Barrieren ist gelebte Praxis und leistet einen Beitrag zur Schließung von Rohstoffkreisläufen bei Kunststoffen. Dieser sollte nicht unnötig eingeschränkt werden.

  • Sammelquellen für Materialien, die als Input für die Herstellung von Kunststoffrezyklaten genutzt werden dürfen, müssen deutlicher abgegrenzt werden. So geht aus den Formulierungen in Art. 6 des Verordnungsentwurfes nicht eindeutig hervor, ob die in Paragraf 1 sowie in Paragraf 2 (b) genannten Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen. In jedem Fall ist deutlich klarzustellen, dass Materialien aus der Sammlung bepfandeter Getränkeverpackungen und zukünftig aus der Gelber-Sack / Gelbe-Tonne-Sammlung für die Rezyklatherstellung genutzt werden dürfen.

  • Die Definition von closed loop recycling systems in Annex 1 des Verordnungsentwurfes sollte breiter gefasst werden: Der bisherige Ansatz grenzt „closed loop“ bei Materialien ab, die ausschließlich in der identischen Produktgruppe wiederverwendet werden. Die Herkunft der Materialien und weitere Aspekte sind durch die Recyclingsammelsysteme mittels einer control chain nachzuweisen. Kaum ein in Europa etabliertes Sammelsystem wird den definierten Ansprüchen gerecht werden können. Daraus kann eine Limitierung von Inputmaterial erwachsen, die nicht nur die Lebensmittelverpackungsindustrie vor Probleme stellt, sondern auch einen gut entwickelnden Sekundärrohstoffmarkt schädigt.

  • Wir begrüßen den für EFSA-Gutachten vorgesehenen maximalen Zeitrahmen von 6 Monaten mit möglicher Verlängerung um weitere 6 Monate. Ein ähnlicher Zeitrahmen sollte für das Genehmigungsverfahren für die Recyclingtechnologie (Artikel 15) und Recyclingverfahren (Artikel 19) vorgeschlagen werden.
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